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Jedes Jahr beehrt uns die Natur mit ihrem besonders schönen Magnolienschaupiel. Irgendwann zwischen Anfang und Mitte April öffnen sich die Blüten scheinbar über Nacht und verleihen  ansehnlichen Vorgärten geradezu majestätischen Charakter. Fotografieren sollte man lieber schneller als langsam.  Denn noch während man die ganze Pracht bestaunt, landen schon wieder drei Blätter sanft auf dem Asphalt. Und ja, auch ich liebe sie, diese wunderschönen Blüten – nicht nur, sondern gerade weil man sich deren kurzer Dauer nur allzu bewusst ist.

Und gerade sie sind es, die mich immer wieder daran erinnern, zu genießen. Jetzt. Hier zu sein. Im Moment. Natürlich haben wir im besten Fall etwas mehr Zeit, als sie. Doch Zeit ist so verdammt relativ. Das Leben so einer Magnolienblüte erscheint uns einem Wimpernschlag gleich, doch wenn man sich überlegt, wie lange es unseren Planeten schon gibt, wie viele Menschen und Tiere dort schon vor uns gelebt haben und gemessen an der Zahl, die vielleicht noch kommen mag – was unterscheidet uns da noch so groß von diesen drei Blüten auf dem Asphalt. Ziemlich wenig meine ich. Mal so auf die Zeit bezogen.

Da knie ich ich also nun an diesem Montagmorgen auf dem Aspalt und sammle die gesammelte Schönheit blumifizierter Vergänglichkeit auf. Ich sammle einen ganzen Eimer voll und erfreue sämtliche Nachbarn in meiner Straße, weil ich ihnen netterweise Arbeit erspare. Der Grund ist: Eine Idee, die ich schon lange im Kopf hatte. Ein letzter würdevoller Auftritt. Und so beklebe ich einen kompletten Body – ehrlich gesagt bin ich ziemlich überrascht, wie gut mein Plan funktioniert. Nur eine halbe Stunde später und nach einigen Schlangenmensch ähnlichen Verrenkungen, um in diesen ziemlich fragilen Body zu gelangen, blicke ich in den Spiegel und freue mich. Über mein Magnolienkunstwerk. Den Frühling. Die Schönheit der Natur. Dass die Winterjacken nun endültig nicht mehr gebraucht werden. Ich freue mich über diesen Moment. Das Jetzt.

Denn nur vier Stunden später, da ist nichts mehr übrig von meinem Magnolienmeisterwerk. Verwelkt. Die Blätter braun. Jaja, denke ich mir. Wir sollten mehr von euch lernen, ihr lieben Magnolien. Und zwar, wie man Zeit am besten nutzt. Wie man sie füllt mit aller Kraft und Energie. Und dass es eben viel weniger wichtig ist, wie viel Zeit man hat. Man weiß es ja ohnehin nicht. Wichtig ist, mit was und wie man sie füllt. Jeden Tag auf’s Neue.

Zeit ist kurz. Zeit ist lang. Zeit ist relativ. Zeit ist Magnolie.

 

every little moment.
© Foxografie

 

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