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“Vergiss nicht, die Woche was für dich zu tun. Nicht nur arbeiten.”
Am Sonntagabend schreibt mir mein Freund diese Nachricht, während er auf dem Weg zu einer Auswärtsschulung ist. “Na klar”, antworte ich ohne groß darüber nachzudenken und füge einen lustigen Smiley dazu. Doch dann später am Abend, als ich schon im Bett liege, fallen mir seine Worte in der Stille der Dunkelheit wieder ein.

Und mir wird schlagartig bewusst: Du bist immernoch so verdammt schlecht darin, dir Zeit für dich zu nehmen und sich im größten Stress nicht selbst zu verlieren. Stattdessen fühle ich so richtig, wie sich die Anspannung an mir festklammert und ihre Krallen tief in mich bohrt. Bei jedem Versuch sie abzuschütteln, hält sie sich nur noch fester. Es ist Hochsaison. Und jedes Jahr auf’s Neue, ist es ganz überaschenderweise stressig. Es läuft eigentlich immer gleich ab: Im Januar sinkt das Arbeitspensum spürbar, im Februar entspannt man sich dann endlich richtig, im März und April laufen die Aufträge schon wieder an und selbst im Mai und Juni denke ich mir jedes Mal – “hey es läuft, du hast die Fäden in der Hand, alles unter Kontrolle. Du hast es raus, Baby.” Arbeit, Haushalt, die sogenannte work-life balance. Alles scheint ein perfektes Gleichgewicht zu sein und ich tanze elfengleich dazwischen. Wie gesagt, es läuft. Und dann kommt Juli. Plötzlich macht es einen riesengroßen Knall und ich sehe meine sorgsam errichtete “work-life-balance” mit lautem Getöse in sich zusammenfallen. Während mir die Trümmer um die Ohren fliegen und irgendwie alles nur noch Chaos ist, stehe ich erstmal etwas perplex dazwischen und frage mich, wie das so überraschend kommen konnte. Von Kundentermin zu Kundentermin, Shootings planen, tagsüber Bildbearbeitung, nachts koordinieren, organisieren, Ideen sammeln. Am Wochenende lange Aufträge. Dazwischen ein Hund und zwei Katzen. Haushalt – mit ach und krach. Freunde, Familie. Acht Geburtstage, die Hochzeit einer engen Freundin und zwei Geburten im Freundeskreis. Ach ja, und eine Beziehung hatte man ja auch mal irgendwann. Kurz gesagt: Es ist zu viel. Und so ist es nur logisch, dass wir dieses Jahr im größten Chaos in den Urlaub fahren. Nämlich in 2 Wochen. Ehrlich gesagt bin ich mir noch nicht sicher, ob es Wahnsinn oder ein Geniestreich ist, doch das ist letztendlich auch unwichtig, da wir aufgrund des Studiums von meinem Freund gar keine andere Wahl hatten.

Doch versteht mich nicht falsch, Klaue hin oder her, trotz Hektik und Anspannung: Ich freue mich sehr auf diesen Urlaub und versuche all das Chaos trotzdem mit Humor zu nehmen. Zumindest die meiste Zeit. Von einer Mitte mag ich noch weit entfernt sein, aber vielleicht ist diese Auszeit auch genau richtig. Dieser nötige Schubs von hinten, nur ein kleiner Schritt, den man aber von alleine niemals gegangen wäre. Und auch diesen Text schreibe ich vielleicht genau deswegen: Um sich erneut bewusst zu machen, dass man nicht alles perfekt schaffen kann. Das man machmal Freunden absagen muss. Auch mal auf die Dinge scheißen muss (ich entschuldige die Wortwahl). Dann ist es eben nicht sauber in der Wohnung und man läuft auf einem Teppich flauschiger Tierhaare. Sich Zeit nehmen für Dinge, die einem gut tun. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich glaube, ich kürze dann immer genau an den falschen Stellen. Seit bestimmt 8 Wochen war ich nicht mehr beim Yoga. Das gesunde Kochen wird wieder ersetzt durch wahlloses Essen im Stehen und seit Monaten wollte ich schon mal zur Massage gehen. Es wird also höchste Zeit für etwas Zeit. Und so kommt Norwegen in der Mitte meiner selbst gebauten Anspannung vielleicht gerade richtig. Und dieser Blogbeitrag, der euch und auch mich selbst daran erinnern soll, die Stressklaue abzuschütteln und sich selbst etwas Gutes zu sein. Gleich heute noch, versprochen?! Ich beginne und gehe jetzt mit dem Hund raus und werde danach endlich mein Buch zu Ende lesen. Das lese ich nämlich auch schon seit März. Dieser schlimme Satz “Ich habe ja keine Zeit” ist nämlich meist großer Quatsch. Er müsste heißen “ich habe meine Prioritäten mies gesetzt.” Und das ist wohl die größte aller Klauen. Diejenige, die wir am allermeisten im Auge behalten sollten.

Wie macht ihr das so? Lasst ihr es gar nicht so weit kommen oder habt ihr für euch ein Gleichgewicht gefunden, das euch nicht stolpern lässt?

Die wunderschönen Bilder hat meine liebe Fotografenfreundin Simone von mir gemacht. An einem dieser Julisommerabende. Chaotisch und trotzdem wundervoll duftend nach Sommer. Es ist so wichtig, Orte und Menschen in seinem Leben zu haben, bei denen man sich fallen lassen kann und die einem immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Danke, Liebes.



By ROVA Design

Kommentare

Hi Carolina,
tolle Fotos hast du hier, und die Juliklaue, die hat auch was 😉

Also ich wundere mich immer darüber, wie man Leuten, die den Kopf samt Terminkalender bis Oberkante voll haben, den Tipp gibt, sich auch noch “was Gutes” zu tun. Dahin, wo kaum Platz ist, paßt auch nichts Gutes mehr, und das ganze Gechecke darum macht es eigentlich ja noch stressiger, als es eh schon ist. Meine Lieblingsvariante ist, mich möglichst regelmäßig selbst zu fragen, was denn so “das Schlechte” ist, und dann trenne ich mich zeitnah davon. Das können Gewohnheiten sein, oder Dinge, die Andere erwarten, oder zweibeinige Zeitfresser und Energieräuber. Hat man das gemacht, ist plötzlich Raum und Luft, und der Blick wird frei für “das Gute”. Denn davon umgibt uns mehr, als man meint. Rausgehen und fotografieren ist zum Beispiel eins davon, oder im alten VW Bus über Land… 😉
Herzlich grüßend, Dirk

Hi Dirk!
Danke dir. 🙂
Naja, manchmal ist eine kleine Erinnerung von nahestehenden Personen schon nicht mal so schlecht. Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen einfach nicht oder einfach viel zu spät.

Aber du hast Recht und das ist definitiv eine sehr kluge Methode, um sich wieder Luft zu schaffen. Und ja: Fotografieren hilft auf jeden Fall, das ist auch meine Art der Definition. ♥

Carolina

Gleichgewicht was ist das ? hast du echt Schoen geschrieben und kommt mir alles schon echt bekannt vor – zwar etwas von anderen Seiten aber genauso , die Massage bekommst du von mir ( diese Woche ? ) , wie versprochen . Da kommt das mit der Zeit nur ins Spiel .

Haha, als Mama ist das auch kein Zuckerschlecken, das glaube ich dir. Zumindest versuche ich es mir einigermaßen vorzustellen. Haha, aber mach dir keinen Stress – du weißt ja: Prioritäten richtig setzen. :-*

Ich freue mich auf deine Gedanken

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